Ungedeckte Residuallast

Aus physikalischen Gründen muss im gesamten europäischen Stromnetz der Bedarf an Strom zu jedem Moment der Stromproduktion entsprechen. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Strom jederzeit von der Stromerzeugung zum Stromverbraucher fließen kann. Ist die Strombilanz nicht ausgeglichen, steigt oder fällt die Frequenz im Netz. Die Frequenz muss in sehr engen Grenzen eingehalten werden, andernfalls kommt es zur automatischen Abschaltung der Stromproduktionsanlagen, einem Blackout, wie es das Schweizer Fernsehen in einem fiktionalen Dokumentarfilm zeigte.

Kommt es zu einer Überlastung von Stromleitungen, fallen diese ebenfalls aus. Es kommt zu einem partiellen Netzausfall. Als Folge von partiellen Netzausfällen kann es wiederum zu großflächigen Stromausfällen kommen.

In der Schweiz gilt gemäß Bundesamt für Bevölkerungsschutz eine lang andauernde Strommangellage inzwischen als größtes Risiko der Schweiz.

In Deutschland sollen 2022 alle Kernkraftwerke vom Netz genommen werden. Die fossilthermischen Kraftwerke (Kohlekraftwerke, Gaskraftwerke) sollen aufgrund der Klimadebatte so schnell als möglich vom Netz gehen.

In Grafik 1 entspricht die graue Fläche (Konventionelle Kraftwerke) den fossilthermischen Kraftwerken. Diese graue Fläche wird in Grafik 2 als Residuallast bezeichnet. Es handelt sich um den Teil des Strombedarfs, der nicht durch die fluktuierende Produktion von Solarkraftwerken und Windkraftwerken gedeckt wird.

Die Residuallast muss gedeckt werden durch:

  1. Reduktion des Strombedarfs (Stromentschwendung)
  2. Geplantes Abschalten von Stromverbrauchern
  3. Geplantes Zuschalten von Stromproduktionsanlagen
  4. Stromspeicher
  5. Import von Strom

Kann die Residuallast nicht gedeckt werden, kommt es unweigerlich zu Stromausfällen.

Grafik 1

Quelle: Agorameter von Agora Energiewende

Wären zwischen dem 15. Dezember 2021 und dem 22. Dezember 2021 alle Kernkraftwerke und fossilthermischen Kraftwerke außer Betrieb gewesen, hätte Deutschland eine Residuallast von etwa 50 GW gehabt.

Grafik 2 zeigt, dass selbst wenn der Strombedarf 2040 zu 86% regenerativ gedeckt wird, dass die Residuallast auf 70 GW steigt.

 

Grafik 2

Quelle: Agorameter von Agora Energiewende

 

Grafik 2 zeigt, dass selbst wenn der Strombedarf 2040 zu 86% regenerativ gedeckt wird, die Residuallast auf 70 GW steigt. Warum Agora plant den Stromverbrauch so zu flexibiliseren, dass auch eine Residuallast besteht bei sehr hoher regenerativer Stromproduktion können wir nicht nachvollziehen.

Die Berechnungen von Agora Energiewende berücksichtigen nicht, dass die Dekarbonisierung des Wärmesektors mittels Wärmepumpen die Residuallast um weitere 50 bis 150 GW erhöht.

Dabei ist die entscheidende Frage, ob für die Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung Wärmepumpen mit kalter Wärmequelle (Außenluft/Wasser-Wärmepumpen) oder Wärmepumpen mit warmer Wärmequelle (Erdwärme, Grundwasser, Abwärme, Solarthermie) zum Einsatz kommen. Im ersten Fall ist mit einer zusätzlichen Erhöhung der Residuallast um 150 GW zu rechnen im zweiten Fall mit einer zusätzlichen Erhöhung um 50 GW.

Das Problem kann gelöst werden durch:

  • Stromentschwendung
  • Gezieltes Ausschalten von Stromverbrauchern
  • Gezieltes Zuschalten von geeigneten Stromproduktionsanlagen
  • Stromspeicher

Wird das Problem der fehlenden Residuallast nicht zeitnah gelöst, kommt es unweigerlich zu einer lang andauernden Strommangellage. Vorfälle wie am 27. 7.2021 (Stromausfall eines grossen Teils Spanien) lassen sich bei fehlender Residuallast immer weniger begrenzen.

Eine europäische lang andauernde Strommangellage würde sofort dazu führen, dass Europa seinen Beitrag zu Lösung des Klimaproblems leistet, jedoch mit verheerenden Folgen für die Menschen.

Der Deckung der Residuallasten muss somit mit höchster Priorität angegangen werden.

Die heute bekannten Lösungen lassen sich idealerweise lokal umsetzen.

Wir bezeichnen diese lokalen Lösungen als Energiezellen. Solche Energiezellen können in ihrem Stromversorgungsgebiet für eine ausgeglichen Strombilanz sorgen. Besteht im übergeordneten Netz ein Überschuss an Strom, können Energiezellen den Strombedarf in der Energiezelle erhöhen. Besteht im übergeordneten Netz eine Mangel an Strom, kann die Energiezelle Strom ans übergeordnete Netz abgeben. Kommt es zu einem Ausfall des übergeordneten Netzes, trennt sich die Energiezelle vom übergeordneten Netz und stellt in der Enegiezelle die Stromversorgung sicher. Werden Energiezellen wir Waben aufgebaut und eng vernetzt, können sie den Transport von Strom von Zelle zu Zelle übernehmen. Soche Waben können problemlos grosse Übertragungsleitungen ersetzen.

Die technischen Lösungen sind weitgehend bekannt. Es fehlt jedoch an einem Strommarkt-Designe, dass den richtigen technischen Lösungen mittels Wirtschaftlichkeit zum Durchbruch verhilft.

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